Idee

Wir alle werden Kompost sein – Vom Reiz des Verrottens!

Kompost (lat. Compostium) beschreibt eine Zusammenstellung, eine Komposition aus Wärme, Wasser, Würmern, Luft und Biomüll, oder eben einen organischen Kreislauf, bei dem aus toter Materie neues Leben entsteht.
Kompost ist das Beispiel einer symbiotischen und fürsorglichen Mensch-Umwelt- Beziehung. Kompost ist die Kunst der lebendigen Transformation.

In der Kompost Zone erkunden wir Mensch-Umwelt-Beziehungen tiefgründig und praktisch. Im Zwischenbereich von Wissenschaft, Kunst und zivilgesellschaftlicher Praxis werden die Möglichkeiten und Grenzen der sozio-ökologischen Transformation erörtert. Die Kompost Zone ist eine interaktive Plattform für experimentelle Formate und gemeinschaftliche Formen Wissen aber auch Würmer zu erschaffen: Auf der Suche nach fruchtbaren Mensch-Boden Kreisläufen rund um (Bio)Müll.

Kompost verstehen wir klassisch als alltägliche gärtnerische Praxis und fruchtbare Mensch-Umwelt Beziehung, die uns eine bodenständige und sinnliche Schnittstelle zum Dialog mit der „erdverbundenen“ (Bruno Latour 2018) Öffentlichkeit eröffnet. 

Gleichzeitig verwenden wir Kompost als Metapher für Metamorphosen (Um/verwandlungen). Beim Kompostieren verwischen die Grenzen zwischen Leben und Tod, Mensch und Umwelt, Bio- und Geosphäre sowie Stadt und Land (vgl. Salazaar et al. 2020). Kompost ist ein Sammelbegriff für Prozesse des Moderns, Zersetzens und Vergehens wie auch des Transformierens, Fruchtbarmachens und Aufbaus.

Kompost dient uns daher als Sinnbild sowie Vision für symbiotische, kollektive sozio-ökologische Transformationsprozesse sowie -techniken (vgl. Donna Harraway 2018) und somit als diskursive Schnittstelle und konkretes Lehrstück für partizipative (r)urbane Ökologien. Hier stellen wir uns die Frage, wie uns die, dem Kompost inhärenten symbiotischen Mensch-Tier-Pflanzen Netzwerke als Inspiration für glokale sozial-ökologische Entwicklungsprozesse dienen können.

Des Weiteren fungiert Kompost als eine Klammer für die „Erd-Kunden“, als Verbindungselement zwischen den Geowissenschaften. Schlussendlich dient diese dünne Schicht des Er(d)Lebens als glokaler Bezugsrahmen der sich zwischen Kleingärten, Müllsammler*innen und Kompostwürmern entfaltet und uns die Frage eröffnet: Was können wir vom Kompost lernen?

 

Unsere Gedanken zum Kompost entstehen im globalen Dialog u.a. mit folgenden Menschen und Texten 

Es ist „vielleicht an der Zeit, nicht mehr von Menschen, Humanwesen zu sprechen, sondern von Terrestrischen, von Erdverbundenen, um damit den Humus, letztlich den Kompost herauszustreichen, der in der Etymologie von »human« steckt.” Aus dem “terrestrischen Manifest” (2018) von Bruno Latour, dem großen, leider kürzlich verstorbenen Kompost Vordenker.

„Wir sind Kompost, nicht posthuman; wir bewohnen den Humunismus, nicht den Humanismus“ lehrt uns die große Donna Harraway in “Unruhig bleiben” (2018).

Juan Francisco Salazar & Manuel Tironi, zwei der Herausgeber von “Thinking with Soils – Material Politics and Social Theory” (2020), ein Standardwerk für alle die Welt mit den Augen des Komposts sehen wollen. (Exklusiv in Bälde hier unser Interview mit den Zweien!)

Kompost eröffnet uns die Möglichkeit, „den Regenerationsprozessen, von denen wir abhängig sind, wirklich nahe zu kommen, eine Möglichkeit, ein nützlicher Teil des Ökosystems zu sein, und deshalb könnte es ein guter Ort sein, um damit zu beginnen, die mentale Trennung zwischen Natur und Kultur, Mensch und Mikroben aufzubrechen“ (Bjørn Inge Melås 2021 in dem wunderbaren Buch “Die Keimzelle – Transformative Praxen einer anderen Stadtgesellschaft. Theoretische und künstlerische Zugänge).

Harald Lemkes Überlegungen zur “Rückkehr zur Erde”. “Wer etwas vom Kompostieren versteht, hat gelernt, dass wir
Menschen eine erdverbundene Denkweise brauchen. […] Tief verwurzelt in den planetarischen Grundlagen und Grenzen irdischer Existenz sich das Schicksal der Menschheit entscheidet…”. (Seine Kompostthesen hier exklusiv zum Download).

 

Grundlage und Teil unseres Dialoges ist auch unser Film “Kompost sein” so wie unsere Videoreihe “Globales Rotten” mit Beiträgen von Andreas Weber “Kompost als Kosmologie“, Nathan McClintock “Compost in 3 Acts” & Zayaan Khan “Let´s talk about shit”. Die Videoreihe soll u.a. zeigen wie stark unsere Ideen rund um Kompost dem praktischen Dialog mit urbaner Gärtner*innen aus dem Globalen Süden entwachsen wie z.B. Clifford Ceasar aus Kapstadt und María Elena Villamil aus Bogotá.